Polio | Kinderlähmung - Ursachen, Symptome und Impfung

Erstmals wieder Polio-Wildviren im Abwasser gefunden

Stand: 13.11.2025, Quelle: NDR - Das Referat G41 für Prävention, Gesundheitsförderung und Öffentlicher Gesundheitsdienst der Hamburger Sozialbehörde hat Erreger von Polio-Wildviren in einer Abwasserprobe in Hamburg nachgewiesen. Eigentlich ist Polio, auch bekannt als Kinderlähmung, in Deutschland als Krankheit dank Impfung längst verdrängt. Polio-Wildviren kommen laut der Behörde weltweit eigentlich nur noch in Afghanistan und Pakistan vor. Erst im Dezember 2024 wurden in den vier deutschen Städten Hamburg, München, Bonn, Köln und Düsseldorf nachgewiesen.


Was ist Polio?


Polio (Kinderlähmung) – medizinisch Poliomyelitis – ist eine hoch ansteckende Virusinfektion, die durch das Poliovirus verursacht wird. Das Virus greift bevorzugt die graue Substanz des Rückenmarks an und kann dadurch dauerhafte, teils schwere Lähmungen auslösen. Von Polio können Kinder und Erwachsene gleichermaßen betroffen sein.


Was sind die Symptome von Polio?

Rund 95 % der Infektionen verlaufen symptomlos, dennoch bildet der Körper schützende Antikörper. Bei erkennbaren Krankheitsverläufen treten häufig grippeähnliche Beschwerden auf, wie Fieber, Übelkeit, Durchfall sowie Muskel-, Kopf- oder Halsschmerzen. Manche Patienten zeigen Symptome, die einer Hirnhautentzündung (Meningitis) ähneln, etwa Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit oder Muskelkrämpfe. In 0,1 bis 1 % der Fälle entwickelt sich eine sogenannte paralytische Poliomyelitis: Dabei kommt es zu plötzlich auftretenden, schlaffen Lähmungen, meist asymmetrisch. Betroffen können Beine, Arme, Bauch-, Brustkorb- oder Augenmuskeln sein.


Welche Therapie ist möglich?

Eine ursächliche Behandlung der Kinderlähmung (Polio) ist nicht möglich, da das Poliovirus selbst nicht direkt bekämpft werden kann. Die Therapie konzentriert sich daher auf die Linderung der Beschwerden. Dazu gehören strenge Bettruhe und entzündungshemmende Schmerzmittel, um akute Symptome zu reduzieren.

 

Bei Lähmungserscheinungen sind frühzeitige physiotherapeutische Maßnahmen wichtig. Zusätzlich hilft eine wechselnde, entspannende Lagerung der betroffenen Muskelgruppen, um Fehlstellungen und Schmerzen zu vermeiden.

Kommt es zu Atemlähmungen, ist eine intensivmedizinische Betreuung notwendig – einschließlich maschineller Beatmung, um die Atmung aufrechtzuerhalten.


Wie kann man gegen Polio vorsorgen?

Die einzig wirksame Vorsorge gegen Poliomyelitis ermöglicht eine konsequente Impfung. In Deutschland werden seit 1998 - gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut - inaktivierte Polio-Vakzine (IPV) als Injektion eingesetzt.


Wer und wie wird geimpft?

Die Polioimpfung mit einem inaktiviertem Polio-Impfstoff (IPV) wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Grundimmunisierung bei allen Säuglingen, Kindern und Jugendlichen und zur Auffrischung bei Jugendlichen und Erwachsenen empfohlen. Als vollständig immunisiert gelten Personen, die im Säuglings- und Kleinkindalter eine vollständige Grundimmunisierung und mit 9-16 Jahren eine Auffrischimpfung erhalten haben bzw. Erwachsene, die zu einem späteren Zeitpunkt grundimmunisiert wurden und 10 Jahre nach Abschluss der Grundimmunisierung eine Auffrischimpfung erhalten haben.

Bei Verwendung von IPV-haltigen gut verträglichen Mehrfach-Kombinationsimpfstoffen für die Grundimmunisierung im Kindesalter sind nach dem von der STIKO empfohlenen 2+1-Schema insgesamt 3 Impfstoffdosen im ersten Lebensjahr zu verabreichen (siehe Fachinformationen). Das 2+1-Impfschema gilt seit dem 25.06.2020 und wird ab der 8. Lebenswoche angewendet. Durch die Sechsfach-Impfung wird neben Poliomyelitis auch gegen Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Haemophilus influenzae Typ b, Tetanus und Hepatitis B immunisiert, bei der Fünffach-Impfung entsprechend unter Auslassung von Hepatitis B. Die ersten beiden Impfstoffdosen der Mehrfach-Impfung werden im Alter von 2 und 4 Monaten empfohlen. Dazu kommt eine dritte Impfstoffdosis im Alter von 11 Monaten. Es ist wichtig, diese dritte Impfstoffdosis im Abstand von mindestens 6 Monaten zur vorangegangenen Dosis zu geben, damit ein optimaler Langzeitschutz aufgebaut werden kann.

Für Frühgeborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche) sind 4 Impfstoffdosen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten empfohlen. Zwischen der dritten und vierten Impfstoffdosis ist ein Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten.


Soll die Impfung regelmäßig aufgefrischt werden?

Um einen langanhaltenden Impfschutz zu erzielen, sollte nach der vollständigen Grundimmunisierung im Kindesalter eine Auffrischimpfung im Alter von 9-16 Jahren erfolgen.

 

Darüber hinaus wird eine routinemäßige Auffrischimpfung nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nicht empfohlen. Wurde die Grundimmunisierung im Erwachsenenalter durchgeführt, so sollte eine einmalige Auffrischimpfung in einem Mindestabstand von 10 Jahren nach der letzten Impfstoffdosis der Grundimmunisierung erfolgen. Bei gegebener Indikation (z.B. bei Reisen in Gebiete mit erhöhtem Infektionsrisiko oder beruflichen Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko) sind ggf. weitere Auffrischimpfungen notwendig.


KONTAKT

Haben Sie noch Fragen? Ihr Kinderarzt München | Dr. med. Anne Katrin Rothe berät Sie gerne. Vereinbaren Sie persönlich unter der Telefonnummer 089 55213977 einen Termin.


Quelle: RKI, Impfempfehlung, Stand 8. Januar 2025